Erste Resultate von «Kinder im seelischen Gleichgewicht»

Das gesunde Aufwachsen von Kindern hat für die Zukunft unserer Gesellschaft eine grosse Bedeutung. Für eine wirksame Prävention ist ein Fokus auf sogenannte Risikogruppen besonders bedeutend. Studien zeigen, dass Kinder von psychisch kranken Eltern ein deutlich höheres Risiko haben, selbst eine psychische Störung zu entwickeln. Präventionsmassnahmen und besondere Unterstützungsangebote sind wichtig, damit diese Kinder gesund aufwachsen und sich gesund entwickeln können. Betroffene Kinder und Familien sollen möglichst früh die passende Unterstützung erhalten – sei es in Form von präventiven Massnahmen, praktischer Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags, Beratung und Begleitung oder therapeutischen Angeboten.

Angebote für Kinder und Familien - Situation in der Ostschweiz

In der Ostschweiz existieren diverse Angebote von verschiedenen Institutionen, die sich positiv auf eine gesunde psychische Entwicklung von Kindern auswirken – insbesondere auf Kinder von psychisch kranken Eltern oder Kinder aus suchtbelasteten Familien. Es bestehen auch Angebote, die helfen, zu einem frühen Zeitpunkt Familien in schwierigen Situationen zu unterstützen und bei problematischen Entwicklungen zu intervenieren.

Die Schwierigkeit besteht darin, dass diese Hilfs- und Unterstützungsangebote sowohl bei Fachpersonen als auch in der Bevölkerung nur ungenügend bekannt sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die Angebote je nach Region und Gemeinde unterschiedlich vorhanden und nicht überall zugänglich sind. Daraus resultiert die Problematik, dass Lücken und Doppelspurigkeiten bei den Angeboten kaum wahrgenommen werden und folglich oft auch nicht gezielt behoben werden können. Ein strukturierter Überblick über die bestehenden Angebote soll helfen, die Angebote besser zu koordinieren, aufeinander abzustimmen und bei Bedarf zu ergänzen.

Ostschweizer Regionalprojekt «Kinder im seelischen Gleichgewicht (KIG III)»

In den Kantonen St.Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden sowie im Fürstentum Liechtenstein wird seit 2016 bis Mitte 2021 das Regionalprojekt «Kinder im seelischen Gleichgewicht (KIG III)» umgesetzt. Dieses Projekt hat zum Ziel, das psychisch gesunde Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in der Ostschweiz zu fördern und psychischen Erkrankungen entgegenzuwirken. Zudem sollen bestehende Angebote über die Grenzen hinweg vernetzt und die Zusammenarbeit im Bereich psychische Gesundheit verbessert werden.

Als Teil des «KIG III»-Projekts wurden alle Angebote im Bereich der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Projektregion systematisch erfasst und in einem Online-Tool (Arbeitstitel «find help», online z.B. auf ofpg.ch/notfall-hilfe-finden) veröffentlicht. In dieser Angebotsdatenbank können Privat- und Fachpersonen nach Wohnregion passende und zugängliche Angebote suchen. Im neuen Tool wurden verschiedene bestehende Verzeichnisse zusammengeführt. Das Tool wird bereits auch von weiteren Kantonen und Organisationen verwendet, da es die gemeinsame Nutzung der Daten und die Einbindung der Suchoberfläche in viele Webseiten ermöglicht. Ein zweiter Teil des «KIG III»-Projekts war die Durchführung einer Lückenanalyse in Bezug auf die zur Verfügung stehenden Angebote.

Angebotslücken identifizieren und schliessen

Mit Hilfe der systematischen Angebotsübersicht im Online-Tool und der Expertise von regionalen Fachpersonen konnten diverse Lücken bei den Ostschweizer Unterstützungsangeboten ermittelt werden. Es wurden insgesamt acht Lücken identifiziert und genauer untersucht. Die Resultate der Analyse zeigen, dass gewisse wünschenswerte Angebote in der Ostschweiz noch fehlen, die von Fachpersonen als notwendig und sehr wirksam eingestuft werden. Diese fehlenden Angebotsarten stellen Lücken in der Versorgung von Kindern aus psychisch belasteten oder suchtbelasteten Familien dar. Die Schliessung dieser Lücken könnte einen bedeutenden Beitrag zur optimalen Unterstützung dieser Kinder und Familien leisten.

Erste Resultate der Lückenanalyse

Drei der identifizierten Angebotslücken werden nachfolgend exemplarisch dargestellt:

  • Patensystem:
    In einem Patensystem unterstützen freiwillig tätige Patinnen und Paten Kinder und Familien, indem sie Zeit mit ihnen verbringen, gemeinsam etwas unternehmen und als familienexterne Bezugspersonen für die Kinder da sind. In der Ostschweiz gibt es bereits ein Patenschaftsprojekt, das Projekt «mit mir» der Caritas St.Gallen-Appenzell. Unterdessen hat auch der St.Gallische Hilfsverein SGHV ein Projekt unter dem Namen «Mia & Max» initiiert. Auch beim Appenzellischen Hilfsverein laufen derzeit Bemühungen für den Aufbau eines Patenschaftsprojekts. Die Lückenschliessung ist hier also bereits im Gang.
  • Case Management:
    Das Case Management (Fallführung) umfasst eine durch Fachpersonen geführte Vermittlungs- oder Koordinationsstelle, welche Aufgaben übernimmt, wenn Betroffene und Angehörige nicht mehr in der Lage sind, diese allein zu bewältigen oder Unterstützung brauchen. Das Case Management übernimmt bei komplexen Fällen die Steuerung und Koordination zwischen den beteiligten Stellen. Heute findet sich das Case Management vor allem innerhalb von Institutionen. Ein «offizielles» Case Management über die Institutionsgrenzen hinweg, mit Einbezug der Kinder und ihrer Angehörigen, fehlt in der Ostschweiz zurzeit. Im Rahmen von «Kinder im seelischen Gleichgewicht» wurde ein vergangenes Case-Management-Pilotprojekt analysiert, um daraus Schlussfolgerungen für ein mögliches nächstes Projekt zu ziehen.
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit über die Institutionsgrenzen hinweg:
    Auch in der Ostschweiz besteht eine grundsätzliche und übergreifende Herausforderung, über alle Angebotsarten hinweg: Die gezielte Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen den Fachpersonen aus verschiedenen Disziplinen, Institutionen und Anbietern kommt leider oft zu kurz. Es gilt diese Zusammenarbeit zu verbessern, um eine gezieltere Gesundheitsförderung, Früherkennung, Frühintervention und Behandlung zu ermöglichen.

Ausblick - wie geht es weiter?

Die Lückenanalyse befindet sich aktuell in der abschliessenden Phase und wird bis Mitte 2021 fertiggestellt. In einem weiteren Schritt sollen für die Schliessung der Angebotslücken Strategien formuliert und konkrete Massnahmen vorgeschlagen werden. Die Schliessung der identifizierten Lücken soll beispielsweise durch Information, Vernetzung oder Mitinitiierung neuer Angebote unterstützt werden. Eine Begleitgruppe, bestehend aus Fachpersonen, soll dabei mitwirken. Weitere Schritte nach Abschluss des Projektes werden derzeit vorbereitet.

Das Ostschweizer Regionalprojekt «Kinder im seelischen Gleichgewicht (KIG III)» war möglich dank der Unterstützung von Interreg, Gesundheitsförderung Schweiz und der Ebnet-Stiftung.

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